Vom 29. September bis zum 6. Oktober 2024 verbrachten 15 Mitglieder aus den verschiedenen Zweigen der geistlichen Familie von Charles de Foucauld eine Nazaretwoche auf den Spuren von Charles de Foucauld und Madeleine Delbrêl in Paris. Hier ein Bericht von Horst Krämer, Mitglied der Priestergemeinschaft Jesus Caritas
Die Gruppe setzte sich unter anderem aus Mitgliedern der Gemeinschaft Charles de Foucauld, der Priestergemeinschaft Jesus Caritas, einer Kleinen Schwester Jesu sowie anderen der Spiritualität Charles de Foucaulds nahestehenden Menschen zusammen und bestand jeweils ungefähr zur Hälfte aus Männern und Frauen verschiedenen Alters, die aus unterschiedlichen deutschsprachigen Regionen kamen (z. B. Dortmund, Köln, Freiburg im Breisgau, Halle an der Saale, Frankfurt am Main, Nürnberg und Graz).
Vorbereitet und organisiert wurde die Woche von Marianne Bonzelet, Theresia Kruse und Thomas Schmidt. Marianne übernahm zusätzlich noch bei den vielen Begegnungen in Paris die Aufgabe des Übersetzens vom Französischen ins Deutsche, da nicht alle Teilnehmer französisch sprachen. Untergebracht waren wir im Foyer le Pont in Paris, einem Begegnungszentrum der evangelischen Kirchen in Europa, das in einer ruhigen Seitenstraße in der Nähe des Viertels Montparnasse liegt.
Sonntag, der 29. September war unser Ankunftstag, der für einige Teilnehmer bereits etliche Komplikationen mit sich brachte, da lange im Voraus gebuchte Züge kurzfristig ausfielen, was zu massiven Verspätungen führte, so dass mehrere Teilnehmer erst gegen Abend in Paris ankamen. Diejenigen, die bereits am Nachmittag in der Unterkunft waren, machten sich in der Zwischenzeit bereits etwas mit der Umgebung vertraut bzw. kümmerten sich um den Wochenpass für die öffentlichen Verkehrsmittel in Paris, den wir dann die ganze Woche über nutzen konnten.
Unsere Tage begannen wir immer mit einem gemeinsamen Morgenimpuls in unserer Unterkunft, der abwechselnd von verschiedenen Teilnehmern aus unserer Gruppe vorbereitet wurde. Anschließend konnten wir uns am reichhaltigen Frühstücksbüffet in unserer Unterkunft bedienen. Da wir tagsüber unterwegs waren, gingen wir mittags in unterschiedlichen Restaurants zum Essen. Abends stand uns ein Aufenthaltsraum in unserer Unterkunft zum gemeinsam eingenommenen Abendessen zur Verfügung, für das wir uns in den Geschäften in der Nachbarschaft mit typisch französischen Lebensmitteln eindeckten, so dass wir die Tage mit Baguette, französischen Käsespezialitäten und Rotwein ausklingen ließen. Beim gemeinsamen Tagesrückblick in unserem Gruppenraum ließen wir noch einmal die Erlebnisse des Tages Revue passieren und jede und jeder schilderte, was für sie bzw. ihn an dem Tag besonders bedeutsam war.
Am Montag wurden wir nach dem Frühstück von der Hausleitung des Foyer le Pont begrüßt, die uns das Haus vorstellte und uns technische Hinweise für unseren Aufenthalt gab. Danach fuhren wir mit der Metro in das Viertel um die Kirche Saint-Augustin, die für Charles de Foucauld von besonderer Bedeutung war. Wenn er in Paris bei seinen Verwandten war, die in der Nähe der Kirche wohnten, ging er immer wieder in diese Kirche und wiederholte denselben Satz: „Mein Gott, wenn es dich gibt, dann lass mich dich erkennen.“
Durch seine Cousine Marie de Bondy, zu der er eine besonders vertrauensvolle Beziehung hatte, lernte er Abbé Henri Huvelin kennen, den er im Oktober 1886 in der Kirche Saint-Augustin aufsuchte mit der Bitte, ihn in der christlichen Religion zu unterweisen.Abbé Huvelin erkannte, dass bei Charles de Foucauld eine existentielle Entscheidung anstand, und forderte ihn – anstatt ihn im christlichen Glauben zu unterrichten – auf, zu beichten, so dass Charles de Foucauld eine Generalbeichte über sein bisheriges Leben ablegte. Damit wandte sich Charles de Foucauld dem katholischen Glauben endgültig wieder zu, der fortan sein Leben mehr und mehr prägte. Mit Abbé Huvelin blieb Charles de Foucauld bis an dessen Lebensende befreundet und durch ihren Briefwechsel verbunden.
Wir besichtigten die Kirche Saint-Augustin, informierten uns anhand der dortigen Ausstellungsstücke über Charles de Foucauld, nutzten die Charles de Foucauld geweihte Seitenkapelle zum stillen Gebet und zur persönlichen Andacht und nahmen mittags an der Eucharistiefeier im Chor der Kirche teil.
Danach trafen wir uns vor der Kirche mit Gabriel de Blic, einem Urgroßneffen von Charles de Foucauld, mit dem wir gemeinsam durch das Viertel gingen und der mit uns über den Umgang der Familie, Nachkommen der Schwester Charles de Foucaulds, mit dem geistigen Erbe von „Onkel Charles“ sprach. Anhand mehrerer Häuser stellte Marianne den Bezug zu Charles de Foucauld her und erklärte uns die Bedeutung einzelner Orte im Viertel für Charles de Foucauld – das Haus mit der Wohnung von Abbé Huvelin, das Haus, in dem die Tante von Charles de Foucauld lebte, das Haus, in dem Charles de Foucauld nach seiner Forschungsreise durch Marokko das gleichnamige Werk schrieb, das ihn berühmt machte und für das er von der Französischen Geographischen Gesellschaft 1885 die Goldmedaille bekam, sowie das Haus, in dem seine Cousine lebte.
Am Dienstagvormittag fuhren wir zu den Kleinen Schwestern vom Evangelium, die zu viert in einer Wohnung in einem Hochhaus am Stadtrand von Paris wohnen und mit denen wir uns über ihre Spiritualität austauschten und dann zum Mittagessen eingeladen waren. Danach fuhren wir ins Viertel Montmartre, wo wir die Basilika Sacré-Coeur besichtigten und eine Führung durch die Krypta der Kirche bekamen.
Am frühen Abend nahmen wir an der Vesper der Benediktinerinnen in deren Klosterkapelle hinter der Basilika teil, bekamen ein Abendessen im Klosterkeller und führten zum Abschluss ein Gespräch mit einer Benediktinerin über die Herz-Jesu-Frömmigkeit.
Der Mittwoch führte uns nach Saint-Denis, nördlich von Paris gelegen, wo wir am Vormittag eine sehr ausführliche und detailreiche Führung durch die Kathedrale und die Krypta mit den Gräbern der französischen Könige bekamen.
Am Nachmittag fuhren wir zum Gemeindezentrum der Kirche Saint-Pierre, westlich von Saint-Denis, wo wir uns mit vier Kleinen Schwestern vom Heiligsten Herzen trafen, die uns von ihrer Spiritualität berichteten. Abends erhielten wir in unserer Unterkunft eine Einführung von Mathilde und Ulrich, zwei Teilnehmern der Nazaretwoche, zur Spiritualität von Madeleine Delbrêl als Einstimmung auf den nächsten Tag, an dem wir uns in Ivry eingehender mit dem Leben von Madeleine Delbrêl beschäftigten.
Am Donnerstag fuhren wir nach Ivry-sur-Seine, südlich von Paris gelegen, wo wir den Tag auf den Spuren von Madeleine Delbrêl verbrachten, die ähnlich wie Charles de Foucauld sich nach einer Bekehrung dem katholischen Glauben zuwandte und sich danach zusammen mit einigen Gefährtinnen in der kommunistisch geprägten Arbeiterstadt Ivry vor allem um Arbeiter, Arme, Ausgegrenzte und am Rande der Gesellschaft stehende Menschen kümmerte. Wir besichtigten in Ivry das ehemalige Wohnhaus von Madeleine Delbrêl, heute ein Museum mit angeschlossener Begegnungsstätte, wurden dort von Marianne anhand einer Powerpoint-Präsentation in ihr Leben und ihre Spiritualität eingeführt und konnten unsere Kenntnisse in Gesprächen mit dem Leiter des Hauses sowie dem Postulator des Seligsprechungsprozesses vertiefen.
Nach einem Mittagessen in der Begegnungsstätte gingen wir zum Friedhof in Ivry und besuchten die Gräber von Madeleine Delbrêl und ihrer Mutter.
Am Freitag führte uns Thomas vom Vorbereitungsteam in einem Vortrag in die spannende Thematik der französischen Geheimpriester ein, die während des Zweiten Weltkriegs im Geheimen als Seelsorger für französische Strafgefangene im nationalsozialistischen Deutschland wirkten und dabei vielfach ihr Leben riskierten und teilweise in Konzentrationslagern starben, während die überlebenden und nach dem Krieg nach Frankreich zurückgekehrten Priester dort dann als Arbeiterpriester wirkten, um Christus in die Betriebe zu tragen.
Danach trafen wir uns mit einem französischen Ehepaar aus der Gemeinschaft Charles de Foucauld, mit dem wir die Wiederherstellungsmaßnahmen der Kathedrale Notre-Dame besichtigten sowie die Kirche Saint-Séverin, die als die älteste Kirche der Stadt auf dem linken Seine-Ufer gilt, und mit denen wir uns über ihre Spiritualität in der Nachfolge Charles de Foucaulds austauschten.
Der Samstagvormittag stand den Teilnehmern der Nazaretwoche zur freien Verfügung und wurde zu unterschiedlichsten Erkundungen von touristischen Attraktionen der Stadt genutzt. Am Nachmittag kamen wir alle in der deutschen katholischen Gemeinde St. Albertus Magnus wieder zusammen, wo uns Pfarrer Markus Hirlinger die von Sieger Köder geschaffenen Kirchenfenster erklärte und wir danach dort in unserer Gruppe den Abschlussgottesdienst einer ereignisreichen Woche auf den Spuren von Charles de Foucauld in Paris feierten.
Am Sonntag, den 6. Oktober brachen wir alle nach einer sehr intensiven gemeinsamen Zeit, beschenkt von vielen schönen Erlebnissen, Begegnungen und Eindrücken, wieder in unsere Heimatregionen auf.
Horst Krämer